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Ausgangspunkt dieser Handlung ist das völlig surreale Bild einer Person, die die Außenwand der Balustrade im Calder-Saal hinauf läuft, das während der Planungsarbeiten unvorstellbar umzusetzen erschien.
1.) Ich liege mit dem Rücken auf einem Rollbrett und werfe einen Stein von der Größe einer doppelten Faust über meinem Kopf in die Höhe, um diesen daraufhin wieder aufzufangen. 2.) Eine zweite Person (Performerin: Farzane Vaziritibar) hält ebendiesen Stein über meinem Kopf für die Dauer von mindestens 45 Minuten.
Photo: Volker Seitz
Ich liege auf einem Fußgängerstreifen, neben mir ein aufgeschlagenes leeres Buch, und grüße sowie bitte Passanten schriftlich darum, mit mir in einen Dialog einzutreten oder sich sogar zu mir zu legen. Zufällige Passanten nähern sich der ihnen fremden Situation, beobachten mich, sprechen mich an. Ich antworte wiederum schreibend und zeichnend. So entsteht ein über mein Skizzenbuch geleiteter halbverbaler Dialog, der sich dem Privatleben der Rezipienten nähert, umso länger sie mit mir an diesem Ort verweilen.
Photo: Nicu Mihailescu / Nadine Zacharias
Mithilfe einer metallenen Linie, die auf ihren höchsten Spannungspunkt gesetzt wird, überbrücke ich die Distanz der gesamten Treppe und bringe mich zum Schweben, gehalten von einem einzelnen Fuß der Passanten am Ende der Treppe.
Photos 1 & 2: Leona Boltes / Photos 3 & 4: Sebastian Moock
Laut lese ich auf dem Kröpcke aus verschiedenen für das Projekt essentiellen Büchern vor, die das Projekt der 100 Tage durch und durch prägen werden, darunter: Arendt, Hannah: Vita Aktiva oder vom tätigen Leben / Camus, Albert: Der Mythos des Sisyphos und viele weitere.
Photos: Nico Mihailescu & Nadine Zacharias
Auf dem Balkon sitzend, mit den Füßen baumelnd, spiele ich Schnick-Schnack-Schnuck mit den vorüberziehenden Passanten, indem ich laut zu jedem Takt klopfe und anschließend das Ergebnis Stein, Schere oder Papier laut in die Stadt hineinrufe.
Foto: Nicu Mihailescu / Nadine Zacharias: "Moving ideas.arts"
„Volition # III“
Ich lächle über die Dauer von 15 Minuten in eine leblose Kamera, in den öffentlichen Raum des WWW, bis meine Gesichtszüge entgleisen.
Photo: Nicu Mihailescu / Nadine Zacharias @moving ideas.media
„Gewohnter Wille # VIII“
Ich schwenke einen drei Meter langen Banner wie eine Fahne von einem Balkon. Auf dem Banner sind meine private Telefonnummer und mein Name notiert. Im Anschluss daran winke ich unaufhörlich für die Dauer von 45 Minuten von demselben Balkon in den Stadtraum hinein und warte auf Antwort.
Photo # I: Nicu Mihailescu / Nadine Zacharias @movingideas.arts
„Gewohnter Wille # IX“
Ich lade eine fremde Person zu mir nach Hause ein, die mich für die Dauer von 40 Minuten beschimpft. Die Performance wird live in den öffentlichen Raum des WWW über Instagram gestreamt und anschließend - einer ephemeren Performance entsprechend - gelöscht.
Ich säge mir einen kleinen umgestürzten Baum zu und trage diesen mithilfe einer Trage-Konstruktion vor mir her, quer durch den Stadtraum Hannovers, um ihn anschließend an den Andreas Hermes Platz zu bringen und die dortige lange Rampe über dem dystopisch anmutenden ausgetrockneten Teich zu begehen. Anschließend zersäge ich den Ast vor Ort in kleine Teile und lasse diese als Holzstapel zurück.
Photo: Nicu Mihailescu / Nadine Zacharias (moving ideas.arts) / Joshua Küchle
Über die Dauer etwa einer Stunde rufe ich und eine mir einige hundert Meter entfernte Person „JA“ bzw. „NEIN“ in aufeinander abgestimmten Intervallen vor dem sog. Ihme-Zentrum laut zu. Wir etablieren auf diese Weise einen absurden Dialog auf Distanz. Über die Dauer der Handlung stimmen verschiedene Personen mit eigenen Rufen in die für sie irritierende Situation ein.
Mit einer Skulptur u. a. aus Schaumstoff zusammengesetzt, bestreite ich die Strecke der Herrenhäuser Alle von ungefähr einem Kilometer, indem ich etwa alle 3-5 Schritte auf den Boden falle. Nach dem Fallen folgt das Aufstehen und die Frage nach dem „besser scheitern“, unaufhörlich für die Dauer von 1 1/2 Stunden.
Ich kicke ein großes Stück zusammengeklebter farbintensiver Pastellkreide für die Dauer einer Stunde auf dem Kröpcke im Kreis, bis aus einzelnen Spuren eine deutlich sichtbare Zeichnung im Raum entsteht. Die Kreisform ist per se das Gegenteil linearer Fortbewegung, wie sie z. B. in städtischen Räumen bevorzugt verwendet wird, um von „A“ nach „B“ zu kommen, durch die Bewegung in Kreisform laufe ich daher gegenläufig zu den übrigen Passanten. Ständig weiche ich Passanten aus, oder diese rennen mich sogar fast über den Haufen, was wiederum die Form des Kreises bestimmt.
Zu Beginn des Kröpcke-Platzes in Hannover besteige ich eine Leiter, um von dieser erst wieder abzusteigen, als ich an der einige hundert Meter entfernten Brunnen-Anlage ankomme. Auf diese Weise überwinde ich diese Distanz mit nur einem einzigen Schritt, indem ich die Leiter auf ihr stehend drehe, nachdem ich diese überstiegen habe.
Ich schnippe einen starken Magneten durch die Innenstadt Hannovers, für die Dauer einer Stunde. Das in den Ritzen des Kopfsteinplasters Zurückgelassene, Liegen- oder Hängengebliebene, wird durch den Magneten angezogen, wenn es den metallischen Ursprungs ist, und haftet an ihm bis zum Ende meines Weges. Auf diese Weise sammle ich Spuren des Stadtraums.
Mithilfe zweier dünner Metallstangen, die durch das Gewicht einer gegenüberliegenden Person vor dem Absturz bewahrt werden, gehe ich auf derjenigen Seite eines Geländers über die Brücke, deren Bodenbelag einige Meter unter mir liegt. Auf diese Weise schaffe ich mir einen Pfad an einem dafür nicht vorgesehen Ort, in luftiger Höhe.
Mithilfe einer Skulptur um meinen Körper bewege ich mich in Form von Vorwärtssaltos durch die Hannoveraner Innenstadt. Immer wieder misslingt der Versuch und ich liege wie eine Schildkröte auf dem Rücken mit der Hoffnung, dass Passanten mir aufhelfen, damit ich den Ausflug mit meiner Skulptur weiterführen kann.
An einem selbstgebauten Kran befestigt, der sich auf einem Rollbrett befindet, plane ich, durch die Fußgängerzone Hannovers zu fliegen. Die Fortbewegung allerdings gelingt erst mit der Hilfe vorübergehender Passanten.
Mithilfe einer Skulptur nehme ich mir Raum im Stadtraum, den es vor meiner Intervention nicht gab. Gemeinsam mit der Skulptur versuche ich, eine gerade Linie zu bilden.
Group Performance (5 Personen):
1.) Alle Performer:innen tragen Metallplatten unter ihren Schuhen, die mit Klebeband daran befestigt sind.
2.) Alle Performer:innen warten an unterschiedlichen Orten auf dem Goseriedeplatz auf Passanten und gehen mit diesen mit, wenn einzelne an ihnen vorübergehen.
3.) Die Performer:innen nehmen Schrittgeschwindigkeit und - Rhythmus der Passanten auf, sodass diese ihre eigenen Schritte „klacken“ hören. Auf diese Weise entsteht ein weithin hörbares Klangfeld aus klackenden metallischen Tönen, deren Ursprung die Bewegung von Passanten ist.
Mitten auf dem Kröpcke sitzend spiele ich im Rhythmus der Schrittgeschwindigkeit der Passanten Schnick-Schnack-Schnuck mit dem gesamten Stadtraum, bis sich einzelne Personen zu mir setzen und dadurch in einen Dialog eintreten. Durch seine weltweite Bekanntheit dient dieses Spiel als universell verständliche Gesprächseinladung.
Die Performance funktioniert ähnlich einer genuinen Aufforderung zum Tanz:
1.) Sechs Personen in je zwei Gruppen warten auf dem Kröpcke auf eine entgegenkommende Person. Sobald diese mit den Blicken fixiert wurde, gehen jeweils drei Akteur:innen gemeinsam rückwärts.
2.) Wenn die Person noch fünf bis zehn Schritte entfernt ist, nehmen alle den Schrittrythmus und -Geschwindigkeit dieser Person auf.
Die Handlung dauert eine Stunde lang an.
Inhalt der irritierenden Handlung ist es, mithilfe der zwischen den Steinplatten liegenden Bodenrillen mehrere Münzen hintereinander über den Kröpcke auf ihrer schmalen Seite zu rollen. Ziel des Wegs ist die monumentale Statue Friedrich von Schillers, dem die Münzen übergeben werden sollen.
Mithilfe eines Schilds, auf dem meine private Telefonnummer notiert ist, nehme ich direkten Kontakt mit dem Stadtraum und Passanten auf. Das Handy als Werkzeug, dessen ursprüngliches Prinzip es ist, über endlos weite Strecken zu kommunizieren und in dessen Bildschirm versunken Passanten immer mal wieder gegen Laternenmasten stoßen, wird in dieser Performance in ein direktes Kommunikationsmittel umgewandelt, das den vorübergehenden Passanten erlaubt, niedrigschwellig in einen Dialog mit mir einzutreten, wo gewöhnliche Konventionen ein Ansprechen verhindern würden.
Für die Dauer einer Stunde stehe ich auf dem Kröpcke-Platz im Zentrum Hannovers mit einem gepolsterten Rucksack auf dem Rücken. Eine Person kreist mit jeweils 60 Schritten um mich herum und wirft mich am Ende des Kreises mit einem gezielten Stoß zu Boden. Jedes Mal stehe ich wieder auf, um nach 60 Schritten erneut zu Boden geworfen zu werden. Auf diese Weise konstruiert und verwirft die kreisende Person zur selben Zeit die Handlung, wobei das Aufstehen wichtiger als der vorherige Fall zu Boden ist.
Für die Dauer einer Stunde klatschen sechs Personen laut jeweils im Rhythmus jedes zweiten Schritts eines oder einer zufälligen Passantin. Ein unregelmäßiges Klangfeld entsteht, das aufgrund seiner Langsamkeit und der ausbleibenden Euphorie weder einem Applaus noch anderen gewohnten Handlungen zu ähneln scheint. Und doch lädt die Situation die Passanten zum Mit-Klatschen ein. Mit dem kontinuierlichen Ermatten der Akteur:innen senkt sich auch die Lautstärke, wenngleich sich die Irritation aufgrund der Dauer von einer Stunde insbesondere für diejenigen erhöht, die ein zweites oder weitere Male den Kröpcke zu diesem Zeitpunkt kreuzen.
Vom Hauptbahnhof Hannover bis zum Denkmal Friedrich Schillers gehe ich auf meinen Fingerspitzen, in der Schwebe gehalten von drei Personen.
Für die Dauer einer Stunde beobachte ich liegend auf dem zentralen Platz Hannovers, dem Kröpcke, auf mich herabfallende Regentropfen.
Mit gängigen Zahlungsmitteln, wie Münzen, sind unzählige Mythen, Sehnsüchte, Verschwörungstheorien sowie Sprichwörter verbunden. So spricht man zum Beispiel davon, dass das Geld auf der Straße liege. Auch soziologische Studien setzen sich mit diesen Zahlungsmitteln auseinander, wie etwa diejenige der Soziologinnen Alice Isen und Paula Levin („Further Studies on the Effect of Feeling Good on Helping“), in der sie 1975 statistisch nachzuweisen versuchten, dass der Fund eines winzigen und nahezu wertlosen Geldstücks dazu führte, dass die Finder den Tag über hilfsbereiter gegenüber ihren Mitmenschen handelten.
In der Performance „10 €“ lasse ich über eine weite Strecke im zentralen Stadtraum Hannovers insgesamt 1.000 Cent-Stücke zu Boden fallen, die im idealsten Falle wiederum 1.000 eigene Kettenreaktion im Sinne der Studie von A. Isen und P. Levin nach sich ziehen, indem sie die findenden Passanten den Tag über hilfsbereiter gegenüber ihren Mitmenschen werden lassen.
Sechs Personen gehen im Uhrzeigersinn in Kreisform die Ränder des Kröpcke ab und rufen nacheinander - dem Uhrzeigersinn entgegen - laut „HALLOOO!“ in die Mitte des städtischen Platzes. Auf die simpelste Art und Weise, mit einem einfachen „Hallo“, beginnen sie einen Dialog mit dem städtischen Raum und den Passanten.
Auf einem doppelten Kreuz mit sechs metallenen Armen stehend will ich mich über den Kröpcke bewegen, indem ich auf Passanten warte, die mich fragen, was ich hier tue. Ich antworte ihnen, dass ich ihre Hilfe benötige, um mich fortbewegen zu können.
Gehalten von fünf Personen und dadurch die Schwerkraft überwindend schreite ich eine Treppe am Kröpcke auf der vertikalen Seite aller Stufen hinunter.
Für die Dauer von 2 1/2 Stunden stehe ich am Rande einer Unterführung auf dem Hannah-Arendt-Weg in Hannover und blicke für die gesamte Dauer in den Himmel, mithilfe einer Skulptur in meinem Nacken. Zur selben Zeit tropft es von oben auf meinen Kopf herab, eine konstruierte Situation, wodurch ich über die gesamte Dauer langsam aber kontinuierlich durchnässe und zuletzt vor eiskaltem Wasser triefe, bis ich die Situation beenden muss.
Alle Performer:innen halten einen Stein von etwa der Größe ihrer Faust in einer Hand, während sie mit der anderen Hand ihren Puls an ihrer Halsschlagader entnehmen, um in diesem Rhythmus die Steine auf den Boden zu klopfen. Von Zeit zu Zeit wird ein Rhythmus-Wechsel vollzogen: Alle nehmen daraufhin einen gemeinsamen Rhythmus auf, der für etwa zwei bis drei Minuten gehalten wird, bevor erneut der individuelle und private Pulsschlag im Stadtraum hör- und erfahrbar wird.
Ich puste eine einfache Feder durch den Stadtraum Hannovers, für die Dauer von 1 1/2 Stunden und bis mir die Feder letztlich von einem Passanten gestohlen wird. Davor erfahre ich ungemeine Hilfsbereitschaft, Passanten, die mir Wasser reichen oder sich zu mir zu Boden legen, um die Feder selbst ein Stück voran zu pusten.
Wir halten uns gegenseitig, wobei eine Person auf einem Floß steht, das auf Plastik-Flaschen gelagert ist. Langsam bewegen wir uns die Lister Meile entlang, indem wir uns gegenseitig stützen und auf diese Art und Weise vorantreiben.
Mein Sohn navigiert mich durch Hannover, über Augenhöhe, gelagert auf meinem horizontalen Körper, während ich mit präparierten Schuhen über den Asphalt schwebe.
Wie produktiv umgehen mit der prognostizierten enormen Erschöpfung während „100 Days of Performances“, ausgelöst durch die täglich und pausenlos aufeinander folgenden jeweils neuen Performances? Die Frage entstand daraus, ob es möglich sein könnte, am zentralsten Ort Hannovers, dem Kröpcke, einzuschlafen. Der Prozess vor Ort, der über Nacht und bis zum Morgengrauen andauerte, führte im Dialog mit Passanten kaleidoskopisch zu immer neuen Fragen und Antworten, die die Übernachtung im Wach- und Traumzustand begleiteten.
Indem auf einem Umzugskarton groß „nach Hause“ steht, beginnt die Handlung mit einem produktiven Missverständnis: Ich werde gefragt, wo ich denn wohne und ob ich nach Hause gebracht werden möchte. Stattdessen aber antworte ich, dass ich auf der Suche nach Fremden bin, die mich in ihre Wohnung einladen, um den wahren Kern dieses lädierten und widerstrebenden Gebäude-Komplexes kennen zu lernen.
Auf einem Rollbrett liegend und mit einer farbintensiven Kreide in der Hand zeichne ich für die Dauer einer Stunde die Schritte zufälliger Passanten nach, indem ich ihnen hinterher haste. Der zentrale Kröpcke wird dadurch zu einem weißen Papier, auf dem die Schritte der vorübergehenden notiert werden. Aber anstatt dass die Handlung reine Dokumentations-Zwecke erfüllt, wird sie im Prozess der tonangebende Faktor, beeinflusst die Fortbewegungen der Passanten und bringt sie sogar zum Tanzen.
Für die Dauer einer Stunde laufen insgesamt 5 Personen jeweils mit zufälligen Passanten mit und nehmen deren Schrittgeschwindigkeit und -Rhythmus an. Auf jeden Schritt der Passant:in wird ein „la“ in verschiedener Tonlage in relativ weitreichender Lautstärke ausgesprochen, ähnlich einem Singsang. Durch die gleichzeitige Handlung aller fünf Personen entsteht dadurch eine Art räumlicher Lied- oder Klang-Teppich.
Wie ein Archäologe bewege ich mich vom Steintor über Kröpcke bis zum Lister Platz für die Dauer von insgesamt fast drei Stunden und kehre dabei die Überreste der hier vorübergezogenen Menschen zusammen. Das Motiv des Kehrens ist ein immer wiederkehrendes in der Kunstgeschichte, ob Joseph Beuys‘ „Auskehren“ oder Francys Alys‘ „Barrenderos“. Immer besitzt es dabei einen immanent politischen Charakter, denn Dreck und Müll erzählen enorm viel über eine Stadt, die dort lebenden Bewohner:innen und wie Städte mit dem Weggeworfenen umgehen.
Sieben Performer:innen insgesamt, jeweils drei und vier sich in Gruppen mit der Distanz einer Straßenbreite gegenüberstehend, applaudieren und jubeln sich gegenseitig über eine längere Dauer und an verschiedenen Orten an. Alle an diesem Ort vorüberziehenden Passanten werden Teil der Handlung, beteiligen sich teilweise oder verschenken Rosen an die Performer:innen.
Mithilfe eines bis oben hin gefüllten 20 L Wasserkanister, versteckt in meinem Wandertucksack, und Wasserschläuchen, die innerhalb meiner Hose bis durch meine Schuhsohlen und auf den Straßenbelag führen, hinterlasse ich Wasser-durchtränkte Fußspuren auf meinem Weg durch die Innenstadt, trotz strahlenden Sonnenscheins.
Die simple Bitte „Bring mir bitte Tanzen bei“ signalisiert den Passanten eine Unwissenheit und das Bedürfnis, von Fremden zu lernen. Das Tanzen wird dabei nicht notwendigerweise verbal erläutert, sondern schlicht nonverbal körperlich gezeigt. Diese Performance referiert damit an die Freude des Tanzes, indem die Aufforderung zum Tanz öffentlich angeboten wird, aber auch daran, dass Tanz eine weltweit gesprochene Sprache mit unendlich vielen Dialekten ist.
Sechs Akteur:innen liegen auf einem hochfrequentierten Fußgängerstreifen auf der Lister Meile, den Blick in den Himmel gerichtet, daneben ein aufgeschlagenes Skizzenbuch. Mit
einem Kugelschreiber notieren sie Eindrücke, Beobachtungen und Erfahrungen – für alle Vorbeilaufenden sichtbar. Zufällige Passanten nähern sich der ihnen fremden Situation, beobachten sie, sprechen die Akteur:innen an. Sie antworten wiederum in das Skizzenbuch schreibend. So entsteht ein über das Skizzenbuch geleiteter halbverbaler Dialog mit Fremden, der nur aufgrund der irritierenden Situation zustande kommen konnte.
Der zentrale Ort Hannovers, der Kröpcke, wird zu meinem Spielfeld, indem ich mit Klebeband ein Schachfeld direkt auf den Boden auftrage und gegen mich selbst spiele, bis ich von Passanten herausgefordert werde.
Heute, an Tag 48 der „100 Days of Performances“ ist bewusst eine Performance gewählt worden, die Zeit zum Nachdenken und Reflektieren über die vergangenen fast sieben Wochen bietet, an denen ich ohne Unterbrechung und ohne Ruhetag eine oder manchmal sogar zwei Performances pro Tag ausführte. Noch knapp die Hälfte der 100 Tage liegt vor mir.
Mithilfe meiner Atmung lasse ich einen gelben Sack über mir schweben, während ich ungefähr für die Dauer einer Stunde die Lister Meile auf einem Rollbrett entlang rolle.
Durch die Lagerung meines Körpers auf einem präparierten Rollbrett mit zwei Rädern bin ich in der Lage, horizontalen Untergrund wie eine Bergwand zu besteigen, indem ich mich mit meinen Händen über den vor mir liegenden Steinboden ziehe. So verbindet sich vor den Augen der zufälligen Passanten die ermüdende Monotonie des Alltags mit dem heldenhaften Mythos einer Bergwandbesteigung im Zentrum Hannovers. Die ausgelöste Irritation des Sichtbaren führt dazu, dass sich zufällige Passanten der unbekannten Situation nähern. Zwischen uns entspinnen sich Dialoge über das Mögliche und Unmögliche, Sinnvolles und Sinnloses.
Mithilfe von gefrorenen Wasserflaschen, die ich mit Klebeband an meinen Füßen befestige, fahre ich Schlittschuh von meinem Wohnort bis zum Zentrum Hannovers, dem derzeitigen Gipfel und Hauptort meines Projekts, und hisse dort meine Fahne wie ein Gipfelkreuz.
Ich liege und hänge in einer Art Skulptur und warte auf Passanten, die mich ein Stück ihres Weges entlang der Schaufenster derart mitnehmen, dass ich fähig werde, auf der Oberfläche der Schaufensterscheiben zu gehen. Auf diese Weise mache ich Wege und Pfade sichtbar, die wir zwar tagtäglich vor Augen haben, aber nicht als solche erkennen. Der Astronaut, oder der Superheld, der mühelos die Wände unserer städtischen Architektur entlanggeht, ist ein Bild unserer Fantasie, welches ich durch meine Performance in die Realität überführe.
Sitzend warte ich auf Passanten, die mich ein Stück ihres Weges mit sich ziehen. Im Prinzip wird die Innenstadt dadurch zum Meer, in dem ich mich treiben lasse, ohne selbst das Ziel zu bestimmen.
Auf den Händen durch die Innenstadt, mithilfe eines wackligen Kahns. Umgedreht gesehen, aus meiner Perspektive, rolle ich die Welt mit meinen Händen ein kleines Stückchen weiter.
Gehalten von sechs Helfer:innen besteige ich die Lister Meile, indem ich die Fugen zwischen den Steinen als Halte- und Stützpunkte verwende und auf diese Weise den Realraum um 45 Grad kippe.
Indem ich auf den Füßen einer anderen Person durch den öffentlichen Raum gehe, geschoben von zwei Personen, die unsere Schrittgeschwindigkeit aufnehmen, überführe ich ein paradoxes Bild in die Realität des Hannoveraner Stadtraums.
Passanten nehmen mich als Anhalter ein Stück weit ihres Weges mit, indem ich mich an ihren Beinen festhalte.
Der Wind und ich pusten ein Taschentuch etwa für die Dauer einer Stunde in die Höhe und wir versuchen es gemeinsam über meinem Kopf in der Schwebe zu halten. Die vermeintlich simple, ruhige und entspannte Handlung entpuppt sich als enorm kräftezehrend, denn ein dauerhaftes Ein- und Ausatmen auf diese Art und Weise führt zu einer kontrollierten Hyperventilation, die die gesamte menschliche Physiognomie in äußerste Anspannung versetzt.
Auf einer Leiter sitzend winke ich für die Dauer einer Stunde kontinuierlich allen entgegenkommenden Personen zu.
Insgesamt fünf Akteur:innen stehen sich gegenüber auf dem Kröpcke, jeweils in einer 2er- und einer 3er-Gruppe und sie rufen sich jeweils in einer Gruppe immer gleichzeitig Worte entgegen. Bei den Worten handelt es sich überwiegend um Bewertungen, wie „SCHNELLER“ und jeweils deren Antonym, wie „LANGSAMER“. Gleichzeitig ruft eine Person der Gruppe ersteres und die gegenüberliegende Person das jeweilige Antonym. Beispiele: „IDIOT - GENIE / HOCH - TIEF …“
Diese Performance ist im Prinzip Vorwand dazu, Passanten im Rahmen einer mehr oder weniger sinnlosen Handlung Zeit zu stehlen und dabei in einen Dialog zu verwickeln. Nichtsdestotrotz weist sie den Blick auf ein deutlich unterschätztes und überaus individuelles Körperteil, den eigenen Bauchnabel.
Auf einem Beton-Klotz sitzend werfe ich insgesamt 500 Ein-Cent-Münzen gegen einen weiteren Betonklotz, mit dem Versuch, die Geldmünzen anzuhäufen, wobei kontinuierlich Münzen zu Boden fallen, andere aber von Passanten entwendet werden. Die Performance dreht sich dadurch spielerisch um Besitz, Eigentum und Diebstahl, sowie Wert, Wertlosigkeit, Sinn und Unsinn.
Sechs Performer:innen stehen auf dem Kröpcke und zeichnen mit ihrem Zeigefinger die Silhouette vorübergehender Passanten in die Luft, bis diese aus ihrem Sichtfeld verschwinden. Der Regenschirm bildet dabei aus Sicht der Passanten den Hintergrund der Zeichnung.
Acht Personen stehen relativ weit entfernt voneinander in einer Reihe und rufen sich JA oder NEIN nacheinander zu. Am Ende der Reihe beginnt die Handlung sofort von vorne, für insgesamt eine Stunde. Auf diese Weise werden Passanten mit Antworten für Fragen konfrontiert, die sie sich vielleicht noch nicht einmal gestellt haben.
Als Kind erzählte mir mein Vater unzählige Rätsel, darunter: „Wenn ein Baum im Walde umfällt und niemand hört es, ist er dann wirklich gefallen?“
Über die Dauer von eineinhalb Stunden rolle ich meinen Ehering – welcher durch eine kleine metallene Konstruktion aufrecht gehalten wird – mit Hilfe einer Besenstange durch den öffentlichen Raum Hannovers, wodurch sich das steinerne Pflaster in die Patina dieses Alltagsgegenstandes einschreibt.
Die Performance beginnt dort, wo der innerstädtische Alltag endet, auf dem Weg nach Hause. Sprache wird durch das abgegebene Versprechen zur Handlung, wodurch ein experimenteller Dialog von der Dauer des Fußwegs vom Ausgangspunkt bis zur privaten Wohnung der getragenen Personen entsteht. Die Möglichkeit des Scheiterns des abgegebenen Versprechens ist essentieller Teil der Handlung, denn die Frage danach, wo das eigene Zuhause liegt, ist nicht immer so einfach zu beantworten, wie es auf den ersten Blick scheint.
6 Performer:innen adaptieren jeweils einzeln Schritt-Tempo und Rhythmus zufälliger einzelner Passanten und begleiten diese auf diese Art und Weise. Doch stolpern sie bei jedem 8. - 10. Schritt um daraufhin das gemeinsame Vorangehen erneut aufzunehmen. Auf den begonnenen nonverbalen Dialog zwischen Performer:in und Passant:in folgt damit das kurzweilige Scheitern desselben, bevor erneut der nonverbale Dialog einsetzt.
Mithilfe eines präparierten Kartons wird mein Körper zu einer blinden rollenden Skulptur, auf den Blick der Passanten angewiesen, die mir immer wieder den Weg weisen müssen.
23 Helfer:innen stehen verteilt auf der Lister Meile und klopfen je zwei Steine aneinander, dem Schrittrhythmus zufälliger Passanten entsprechend, die auf diese Weise ihre eigenen Schritte wiedergegeben hören und gleichzeitig durch ihr Schritttempo über die Schnelligkeit des Klangs der klopfenden Steine entscheiden.
Ich ersetze den Lärm der Stadt durch Meeresrauschen, indem ich mir zwei übergroße Meeresmuscheln an je ein Ohr halte und mich dabei von drei Performer:innen auf dem Rücken durch die Stadt ziehen lasse, auf Plastikflaschen mit Eis gefüllt. Das Rauschen der Muscheln am Ohr mischt sich dabei mit dem Rauschen und Kratzen meiner Art der Fortbewegung.
Acht Performer:innen tanzen in Stille im Eingangsbereich des Sprengel Museums Hannover, mit ihren Lieblingsliedern auf den Kopfhörern und fordern dabei vorübergehende Museumsbesuchende zum Tanz auf.
„Beschimpf mich bitte, 10 Minuten lang“ fordert Passanten des Stadtraums zum Handeln und der Auseinandersetzung mit dem eigenen Sozialverhalten heraus. Dabei ist insbesondere die Dauer und die Tatsache, eine völlig fremde Person zu beschimpfen, Ausgangspunkt großer Irritation und intensiver Dialoge.
Ich überführe mithilfe eines Seils negativen Raum in positiven und schaffe dadurch einen Ort dort, wo vorher keiner war. Aus dieser Perspektive sehe ich dem Regen beim Fallen zu.
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Ausgangspunkt dieser Handlung ist das völlig surreale Bild einer Person, die die Außenwand der Balustrade im Calder-Saal hinauf läuft, das während der Planungsarbeiten unvorstellbar umzusetzen erschien.
1.) Ich liege mit dem Rücken auf einem Rollbrett und werfe einen Stein von der Größe einer doppelten Faust über meinem Kopf in die Höhe, um diesen daraufhin wieder aufzufangen. 2.) Eine zweite Person (Performerin: Farzane Vaziritibar) hält ebendiesen Stein über meinem Kopf für die Dauer von mindestens 45 Minuten.
Photo: Volker Seitz
Ich liege auf einem Fußgängerstreifen, neben mir ein aufgeschlagenes leeres Buch, und grüße sowie bitte Passanten schriftlich darum, mit mir in einen Dialog einzutreten oder sich sogar zu mir zu legen. Zufällige Passanten nähern sich der ihnen fremden Situation, beobachten mich, sprechen mich an. Ich antworte wiederum schreibend und zeichnend. So entsteht ein über mein Skizzenbuch geleiteter halbverbaler Dialog, der sich dem Privatleben der Rezipienten nähert, umso länger sie mit mir an diesem Ort verweilen.
Mithilfe einer metallenen Linie, die auf ihren höchsten Spannungspunkt gesetzt wird, überbrücke ich die Distanz der gesamten Treppe und bringe mich zum Schweben, gehalten von einem einzelnen Fuß der Passanten am Ende der Treppe.
Photos 1 & 2: Leona Boltes / Photos 3 & 4: Sebastian Moock
Laut lese ich auf dem Kröpcke aus verschiedenen für das Projekt essentiellen Büchern vor, die das Projekt der 100 Tage durch und durch prägen werden, darunter: Arendt, Hannah: Vita Aktiva oder vom tätigen Leben / Camus, Albert: Der Mythos des Sisyphos und viele weitere.
Photos: Nico Mihailescu & Nadine Zacharias