Auf einem Rollbrett liegend und mit einer farbintensiven Kreide in der Hand zeichne ich für die Dauer einer Stunde die Schritte zufälliger Passanten nach, indem ich ihnen hinterher haste. Der zentrale Kröpcke wird dadurch zu einem weißen Papier, auf dem die Schritte der vorübergehenden notiert werden. Aber anstatt dass die Handlung reine Dokumentations-Zwecke erfüllt, wird sie im Prozess der tonangebende Faktor, beeinflusst die Fortbewegungen der Passanten und bringt sie sogar zum Tanzen.
Für die Dauer einer Stunde laufen insgesamt 5 Personen jeweils mit zufälligen Passanten mit und nehmen deren Schrittgeschwindigkeit und -Rhythmus an. Auf jeden Schritt der Passant:in wird ein „la“ in verschiedener Tonlage in relativ weitreichender Lautstärke ausgesprochen, ähnlich einem Singsang. Durch die gleichzeitige Handlung aller fünf Personen entsteht dadurch eine Art räumlicher Lied- oder Klang-Teppich.
Wie ein Archäologe bewege ich mich vom Steintor über Kröpcke bis zum Lister Platz für die Dauer von insgesamt fast drei Stunden und kehre dabei die Überreste der hier vorübergezogenen Menschen zusammen. Das Motiv des Kehrens ist ein immer wiederkehrendes in der Kunstgeschichte, ob Joseph Beuys‘ „Auskehren“ oder Francys Alys‘ „Barrenderos“. Immer besitzt es dabei einen immanent politischen Charakter, denn Dreck und Müll erzählen enorm viel über eine Stadt, die dort lebenden Bewohner:innen und wie Städte mit dem Weggeworfenen umgehen.
Sieben Performer:innen insgesamt, jeweils drei und vier sich in Gruppen mit der Distanz einer Straßenbreite gegenüberstehend, applaudieren und jubeln sich gegenseitig über eine längere Dauer und an verschiedenen Orten an. Alle an diesem Ort vorüberziehenden Passanten werden Teil der Handlung, beteiligen sich teilweise oder verschenken Rosen an die Performer:innen.
Mithilfe eines bis oben hin gefüllten 20 L Wasserkanister, versteckt in meinem Wandertucksack, und Wasserschläuchen, die innerhalb meiner Hose bis durch meine Schuhsohlen und auf den Straßenbelag führen, hinterlasse ich Wasser-durchtränkte Fußspuren auf meinem Weg durch die Innenstadt, trotz strahlenden Sonnenscheins.
Die simple Bitte „Bring mir bitte Tanzen bei“ signalisiert den Passanten eine Unwissenheit und das Bedürfnis, von Fremden zu lernen. Das Tanzen wird dabei nicht notwendigerweise verbal erläutert, sondern schlicht nonverbal körperlich gezeigt. Diese Performance referiert damit an die Freude des Tanzes, indem die Aufforderung zum Tanz öffentlich angeboten wird, aber auch daran, dass Tanz eine weltweit gesprochene Sprache mit unendlich vielen Dialekten ist.
Sechs Akteur:innen liegen auf einem hochfrequentierten Fußgängerstreifen auf der Lister Meile, den Blick in den Himmel gerichtet, daneben ein aufgeschlagenes Skizzenbuch. Mit
einem Kugelschreiber notieren sie Eindrücke, Beobachtungen und Erfahrungen – für alle Vorbeilaufenden sichtbar. Zufällige Passanten nähern sich der ihnen fremden Situation, beobachten sie, sprechen die Akteur:innen an. Sie antworten wiederum in das Skizzenbuch schreibend. So entsteht ein über das Skizzenbuch geleiteter halbverbaler Dialog mit Fremden, der nur aufgrund der irritierenden Situation zustande kommen konnte.
Der zentrale Ort Hannovers, der Kröpcke, wird zu meinem Spielfeld, indem ich mit Klebeband ein Schachfeld direkt auf den Boden auftrage und gegen mich selbst spiele, bis ich von Passanten herausgefordert werde.
Heute, an Tag 48 der „100 Days of Performances“ ist bewusst eine Performance gewählt worden, die Zeit zum Nachdenken und Reflektieren über die vergangenen fast sieben Wochen bietet, an denen ich ohne Unterbrechung und ohne Ruhetag eine oder manchmal sogar zwei Performances pro Tag ausführte. Noch knapp die Hälfte der 100 Tage liegt vor mir.
Mithilfe meiner Atmung lasse ich einen gelben Sack über mir schweben, während ich ungefähr für die Dauer einer Stunde die Lister Meile auf einem Rollbrett entlang rolle.
Durch die Lagerung meines Körpers auf einem präparierten Rollbrett mit zwei Rädern bin ich in der Lage, horizontalen Untergrund wie eine Bergwand zu besteigen, indem ich mich mit meinen Händen über den vor mir liegenden Steinboden ziehe. So verbindet sich vor den Augen der zufälligen Passanten die ermüdende Monotonie des Alltags mit dem heldenhaften Mythos einer Bergwandbesteigung im Zentrum Hannovers. Die ausgelöste Irritation des Sichtbaren führt dazu, dass sich zufällige Passanten der unbekannten Situation nähern. Zwischen uns entspinnen sich Dialoge über das Mögliche und Unmögliche, Sinnvolles und Sinnloses.